Geflüchtete in Niedersachsen unbürokratisch aufnehmen und vor Ort humanitär unterstützen

Nach dem völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine herrscht Krieg in Europa. Es sind starke Fluchtbewegungen aus der Ukraine zu verzeichnen. Die EU hat vereinfachte Regularien zur Einreise für Ukrainer*innen beschlossen. Deutschland und Niedersachsen sind nun aufgerufen, im Sinne der Menschlichkeit eine unbürokratische Aufnahme der Geflüchteten und eine optimale Versorgung zu gewährleisten. Dazu ein Zehn-Punkte-Papier der Grünen Niedersachsen.

08.03.22 –

Geflüchtete in Niedersachsen unbürokratisch aufnehmen und vor Ort humanitär unterstützen

Darum geht's

Nach dem völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine herrscht Krieg in Europa. Es sind starke Fluchtbewegungen aus der Ukraine zu verzeichnen. Die EU hat vereinfachte Regularien zur Einreise für Ukrainer*innen beschlossen. Deutschland und Niedersachsen sind nun aufgerufen, im Sinne der Menschlichkeit eine unbürokratische Aufnahme der Geflüchtete zu gewährleisten und eine optimale Versorgung zu sichern. Die Grünen im Landtag begrüßen, dass die Ampelregierung im Bund wie die Landesregierung und insbesondere die Kommunen diese Herausforderung offensiv annehmen und erste Weichen gestellt haben. Allerdings sind für eine schnelle Aufnahme und Betreuung der Menschen aus der Ukraine eine ganze Reihe konkreter Maßnahmen durch das Land notwendig, insbesondere um die Kommunen, die die Hauptlast tragen, zu unterstützten. Die Grünen im Landtag fordern einen niedersächsischen Geflüchteten-Gipfel und legen ein Zehn-Punkte-Papier für die schnelle Aufnahme und insbesondere auch weitere Betreuung von Geflüchteten aus der Ukraine vor. Dies gilt auch für Menschen aus Drittstaaten, die aus der Ukraine zu uns kommen.  

Das sagen die Grünen

Hans-Joachim-Janßen, Sprecher für Migrationspolitik

Es ist erfreulich, dass Europa jetzt vereinfachte Regularien zur Einreise Geflüchteter aus der Ukraine erlassen hat. Damit erhalten geflüchtete Ukrainer*innen in der EU ein zumindest einjähriges Aufenthaltsrecht ohne das Asylverfahren durchlaufen zu müssen.  Es ist gut, dass auch Niedersachsen erste Weichen gestellt hat, Geflüchtete unbürokratisch in Niedersachsen aufzunehmen und möglichst dezentral unterzubringen. Besonders freue ich mich und bin dankbar dafür, dass es bereits viele überzeugende Ansätze zur kurzfristigen und unbürokratischen Hilfe aus der Zivilgesellschaft gibt.

Es ist zu erwarten, dass die Zahl auch der in Niedersachsen ankommenden Geflüchteten schnell anwachsen wird. Viele der Ankommenden sind traumatisiert und haben besonderen Unterstützungsbedarf. Überwiegend kommen bislang Frauen, Kinder und Jugendliche zu uns. Es ist nicht zu erwarten, dass die Geflüchteten zeitnah in ihre Heimat zurückkehren können. Auf diese Gesamtsituation muss sich Niedersachsen jetzt vorbereiten. Wir haben dafür – nicht zuletzt auch auf Grundlage der Erfahrungen aus 2015 - ein Zehn-Punkte-Papier vorgelegt. Diese Vorschläge sollen nicht nur für Menschen mit ukrainischem Pass, sondern gleichermaßen auch für Geflüchtete aus Drittstaaten gelten, die aus der Ukraine fliehen.

Wir fordern deshalb kurzfristig einen Geflüchteten-Gipfel, der die verschiedenen Akteure in Niedersachsen an einen Tisch holt, um das Zusammenwirken der verschiedenen Behörden und Organisationen bestmöglich miteinander zu verzahnen. Das Land ist gefordert, ein Aufnahmekonzept zu erstellen, das beginnend mit der Aufnahme und für die Dauer des Aufenthalts Ziele und Zuständigkeiten beschreibt, wie Geflüchtete gut aufgenommen werden und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Das schließt ausdrücklich und insbesondere die Feststellung von Bedarfen besonders Schutzbedürftiger und Traumatisierter ein.

Zehn Punkte für eine schnelle Aufnahme und Betreuung der Ukraine-Geflüchteten:

  1. Ein Großteil der jetzt ankommenden Geflüchteten reist visafrei nach Deutschland ein. Nur ein Bruchteil davon kommt bei Bekannten und Verwandten unter. Die Hauptlast tragen derzeit die Kommunen. Auch diese Geflüchteten brauchen schnell Zugang zu den ihnen zustehenden Sozialleistungen. Die aufnehmenden Kommunen brauchen die schnelle Unterstützung von Land und Bund. Deshalb muss die Registrierung Geflüchteter jetzt schnell, unbürokratisch und dezentral erfolgen.
  2. Geflüchtete sollen ihren Wohnort selbst wählen können. Bei der Bestimmung des Wohnortes sind die Wünsche der Geflüchteten soweit wie möglich zu berücksichtigen, damit bestehende Beziehungen nicht auseinandergerissen werden. Das ist gerade für die oftmals traumatisierten Geflüchteten von großer Bedeutung. Dafür muss die Landesregierung jetzt die rechtlichen Voraussetzungen schaffen.
  3. Geflüchtete sollen nach der Erstaufnahme soweit möglich dezentral untergebracht werden. Gemeinschaftsunterkünfte müssen Privatsphäre ermöglichen. Wichtig ist zum Schutz vor Gewalt eine sichere, ggf. getrennte Unterbringung von Frauen und Kindern sowie Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern (LGBTIQ). Grundsätzlich plädieren wir für Unterkünfte in Orten mit guter Infrastruktur wie Einkaufsmöglichkeiten, guter Erreichbarkeit von Ärzten, Sprachkursen und Integrationsangeboten. Die Unterbringung an abgelegenen Orten ohne öffentliche Verkehrsmittel ist zu vermeiden.
  4. Ehrenamtliche Organisationen, die sich in der Aufnahme und Unterbringung der Geflüchteten engagieren, müssen auch durch Landesmittel stärker gefördert werden.
  5. Gleiches gilt für die Migrationsberatung vor Ort, die im direkten Kontakt im Sinne von Lotsen bei individuellen Problemlagen Geflüchtete zum Teil mit großem ehrenamtlichem Engagement beraten und betreuen.
  6. Angesichts der Traumatisierung vieler Geflüchteter ist eine enge Zusammenarbeit der Landesaufnahmebehörde und der örtlichen Ausländerbehörden mit dem Netzwerk für traumatisierte Geflüchtete in Niedersachsen (NTFN) erforderlich. Dessen Strukturen sind dringend weiter auszubauen und in Zukunft stärker finanziell zu unterstützen.
  7. Kindertagesstätten, Schulen und die offene Kinder- und Jugendarbeit müssen auf die Aufnahme und Betreuung geflüchteter Kinder und Jugendlicher vorbereitet werden. Ziel sollte sein, diese Bildungsangebote möglichst schnell von Geflüchteten genutzt werden können. Es ist ein zusätzlicher Pool für unterstützende Fachkräfte und Übersetzungsdienste zu schaffen, so dass bei örtlichem Bedarf zeitnah Stellen eingesetzt werden können.
  8. Das Land muss darauf hinwirken, dass bundesweit grundsätzlich ukrainische Geflüchtete beschäftigt werden dürfen. Erfolgt eine solche bundesweite Regelung nicht zeitnah, muss das Land Niedersachsen eigene Regelungen schaffen.
  9. Ukrainische Berufsqualifikationen sind soweit möglich anzuerkennen; soweit erforderlich, sind Angebote zur Nachqualifikation zu schaffen.
  10. Ukrainische Geflüchtete sowie auch Angehörige anderer Staaten, die aus der Ukraine geflohen sind, benötigen flächendeckend und schnell Zugang zu Sprach- und Integrationskursen, um ihnen für die Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland zumindest ein Minimum an gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen. Entsprechende Angebote dürfen nicht auf die Gruppe deutschstämmiger Spätaussiedler*innen begrenzt werden.

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