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Massentierhaltung und Antibiotikaresistenzen

Dr. Stefan Depta, stv. Bürgermeister:

Massentierhaltung und Antibiotikaresistenzen

Redebeitrag zur Ratssitzung vom Donnerstag, 26.1.2012

Alles was die Kollegin Hillenstedt vorhin schon gesagt hat, kann ich nur unterstützen! Für mich als hier in der Gemeinde tätiger Arzt kommt nun neben den genannten Bedenken in Bezug auf Ökologie, Tierschutz und Fairen Handel noch ein wichtiger Punkt hinzu: der umfängliche Einsatz von Antibiotika!!

 

Passender Weise war gestern Abend um 23 Uhr auf dem ZDF eine Berichterstattung der Serie „Zoom“ dieser Thematik gewidmet. Hierbei wurde zum einen von einem behandelnden Tierarzt klargestellt, dass die derzeitige Form der Massentierhaltung ohne den Einsatz von Antibiotika nicht vorstellbar ist, da sich Erkrankungen in den viel zu dicht gehaltenen und dadurch geschwächten Beständen viel zu leicht ausbreiten würden. Weiterhin wurde dargestellt, dass ein Zusammenhang zwischen dem häufigen Gebrauch von Antibiotika in der Tiermast und dem in letzter Zeit vermehrten Auftreten multi-resistenter Bakterienstämme (also Bakterienstämme, bei denen die allermeisten, der heute in der Humanmedizin eingesetzten Antibiotika nicht mehr wirken) anzunehmen ist. Welche dramatischen Folgen Erkrankungen von Menschen mit diesen Keimen haben kann, haben wir ja erst kürzlich beim Tod mehrerer frühgeborener Babys in einer Bremer Klinik erlebt!

 

Wie kommt es dazu? Eine erst kürzlich veröffentlichte Studie des Verbraucherschutzministeriums in NRW gibt Aufschluss: dort wurde bei 96,4% aller untersuchten Masthähnchen der Einsatz von Antibiotika nachgewiesen! Einzelne Hähnchen hatten im Laufe ihres kurzen Lebens Kontakt zu 8 verschiedenen Antibiotika gehabt. Und was mir besonders verheerend erscheint: in 53% der Fälle wurden die Antibiotika nur für 1 oder 2 Tage gegeben. Nach Erkenntnissen der Humanmedizin ist gerade dies eine Verfahrensweise, mit der das Auftreten von Antibiotika-Resistenzen besonders gefördert wird!

 

Die Folge dieses massenhaften Gebrauchs von Antibiotika konnten wir dann ja auch gut in einer noch neueren Stichprobenerhebung des BUND Anfang diesen Jahres verfolgen: bei 20 in Discountern oder Supermärkten erworbenen Hähnchenartikeln wurden bei 50% der Proben entweder MSAR oder ESBL-pos E. coli (teilweise auch beide zusammen) nachgewiesen!

 

Zusammengefasst: 1. die industrialisierte Massentierhaltung erfordert den Einsatz von Antibiotika (in Ställen unter 10.000 Tieren wurden nämlich in der NRW Studie signifikant seltener Antibiotika gegeben!),  2. die Art und Weise wie diese Antibiotika verabreicht werden scheint die Entstehung multiresistenter Krankheitserreger zu fördern, 3. diese Erreger haben in erheblichem Umfang den Weg in unsere Nahrungsmittel gefunden und 4. besteht aus meiner Sicht die begründete Sorge, dass dies eines Tages zu nicht unerheblichen Problemen in der Behandlung bakterieller Infektionen beim Menschen führen kann!

 

Aus all diesem folgt nun: ich habe wohl verstanden, dass hier eigentlich keine politische Entscheidung gefragt ist. Aber auch wenn scheinbar alles rechtmäßig ist, kann es doch so problematisch sein, dass eine Zustimmung mir nicht möglich ist. Ich werde mich daher in der anstehenden Abstimmung der Stimme enthalten.

 

Quellen:

 

- ZDF Zoom vom 25.1.2012

- Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen: Evaluierung des Antibiotikaeinsatzes in der Hähnchenhaltung, 14.11.2011

- Stichprobenerhebung des BUND vom  Januar 2012

 

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